Die LostLift Datenbank
Umzugsgut: Anni Soistheim, verh. Chandler
Provenienz:
Transport (Land)
Überweisung
Rückerstattungsverfahren
                            Landgericht Hamburg - Wiedergutmachung
                        WgA LGHH, Z 636
                    
                            
                                
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                            StAHH 213-13_3407 Chandler, Anni geb. Soistheim, 1950-1952
                    
Rückerstattungsverfahren
                            Landgericht Hamburg - Wiedergutmachung
                        
                    
                            
                                
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                            StAHH 213-13_3408 Soistheim, Gertrud geb. Goldschmidt, 1950-1958
                    
Rückerstattungsverfahren
Rückerstattungsverfahren
                            Landgericht Hamburg - Wiedergutmachung
                        
                    
                            
                                
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                            StAHH 213-13_3409 Soistheim, Gertrud geb. Goldschmidt, 1958-1963 
                    
Zusatzinformationen
In den  noch  vorhandenen  Versteigerungslisten  fand  sich  nur  ein  Vermerk  zu  Anni Chandler,  und  zwar  unter  ihrem  Geburtsnamen  Soistheim,  jedoch  kein  Vermerk  zur Verwertung der Güter ihrer Mutter. Wegen dieser Lücke in der Überlieferung ging die OFD davon aus, dass die Güter von Frau Soistheim nicht versteigert, sondern den späteren  Bombenangriffen  auf  Hamburg  zum  Opfer  gefallen  waren.  Die  OFD  erkannte für die Bombenangriffe auf ihrer Seite kein Verschulden und wollte daher auch nicht für  diese  Schäden  aufkommen.
Bei  den  Rückerstattungsansprüchen  der  Tochter  ar-gumentierten die Beamten ähnlich.. Hier wollte man nur den Versteigerungserlös zu-rückerstatten. Der URO-Anwalt, W. Blumberg, widersprach in beiden Fällen der Ar-gumentation der Oberfinanzdirektion und forderte jeweils das Maximum. Die Tochter sollte den Wiederbeschaffungswert und nicht den Versteigerungserlös der ihr geraub-ten Gegenstände erhalten, und für den Verlust der Güter der Mutter sollte die OFD die volle  Verantwortung  übernehmen.  Es  zeigte  sich,  dass  die  URO  in  diesem  Fall  ein Grundsatzurteil  von  höchster  Stelle  erwirken  wollte,  da  die  OFD  in  hunderten  von ähnlich gelagerten Fällen stereotyp alle Anträge gleich beantwortet hatte. Daher ging die URO in beiden Fällen sehr weit und signalisierte gegenüber ihrem Prozessgegner wenig  Kompromissbereitschaft.  Diese  Haltung  wurde  von  der  Wiedergutmachungs-kammer nicht gerade mit Entgegenkommen beantwortet. In ihrem Urteil vom 8. Juni 1953 stellte diese zwar fest, dass der wahre Wert der versteigerten Güter meist um das 1,5–2,5fache höher lag,  den Versteigerungserlös von 1.717,95 RM rundete die Kam-mer jedoch lediglich auf 2.000 RM auf. Über den Wiederbeschaffungswert der verlo-renen Gegenstände verlor die Kammer kein Wort. Es blieb bei einem Feststellungsbe-schluss  in  RM,  da  eine  Umstellung  auf  DM,  so  das  Gericht,  einer  späteren  gesetzli-chen  Regelung  vorbehalten  bleiben  müsse.  Dem  Antrag  auf  Schadenersatz  für  das Umzugsgut der Mutter gab sie nicht statt. Hier folgte die Kammer der Argumentation der  OFD.  Aus  nicht  mehr  vorhandenen  Unterlagen  wurde  abgeleitet,  dass  Frau Chandler für eine Entziehung durch das Reich weder unmittelbaren noch mittelbaren Beweis  erbracht  habe.  Daher  könne  nicht  ausgeschlossen  werden,  so  die  OFD,  dass das  Gut  schon  durch  Kriegsereignisse  vernichtet  worden  war,  noch  bevor  die  11. DVO zum Reichsbürgergesetz in Kraft trat. Schäden durch Bombenangriffe seien je-doch nicht Gegenstand des Rückerstattungsverfahrens. Die Antragstellerin möge ihre Ansprüche  nach  der  Kriegsschädenverordnung,  so  der Rat  der  Wiedergutmachungs-kammer,  vor  dem  zuständigen  Amt  für  Kriegsschäden  und  Besatzungskosten  verfol-gen. 
Dieses Urteil durfte nach Ansicht der URO keinen Bestand haben. Blumberg legte daher gegen den Beschluss Beschwerde ein. Dies hatte einen Schriftwechsel zwischen der URO und der OFD Hamburg zur Folge, der sich über mehrere Jahre hinzog. An-gesichts der Beharrlichkeit der OFD in dieser Frage wurden die URO-Vertreter direk-ter  und  warfen  dieser  offen  vor,  aus  der  ungünstigen  Überlieferungslage  Kapital schlagen zu wollen. Die OFD reagierte prompt, indem sie die bis dahin geklärten Fra-gen wieder in Zweifel zog. Das Verfahren stand damit wieder am Anfang. Das Ober-landesgericht, welches als nächste Instanz zu entscheiden hatte, brachte wieder etwas Bewegung in die Angelegenheit, indem es die Wiedergutmachungskammer anwies, in der  Rückerstattungsangelegenheit  der  Mutter  von  Frau  Chandler  neu  zu  ermitteln. Auch  die  Diskussion  darüber,  ob  der  Versteigerungserlös  oder  der  Wiederbeschaf-fungswert der versteigerten Güter zurückzuerstatten wäre, kam neu in Gang.  Im Jahr 1958,  also  elf  Jahre  nach  der  Anmeldung  des  Rückerstattungsanspruches,  war  zwi-schen  den  Parteien  ein  Vergleich  in  Höhe  von  7.000 DM  in  greifbare  Nähe  gerückt. Die  OFD  bzw.  ihr  Sachbearbeiter  Sarfert  fasste  jedoch  noch  einmal  nach  und  ver-mochte  diesen  Betrag  noch  um  1.500  DM  auf  5.500  DM herunterzuhandeln.
Am  18.  März  1960  befasste  sich  das  Oberste  Rückerstattungsgericht  mit  diesem Fall.  Im  Wesentlichen  kritisierten  die  Richter  die vorangegangene  Rechtsauslegung und definierten die Haftungsverpflichtung des bundesdeutschen Fiskus neu. Da davon auszugehen war, dass die Gestapo sämtliches Umzugsgut erfasst und verwertet hatte, drehte  das  Gericht  die  Beweispflicht  um.  Die  OFD  habe  nachzuweisen  gehabt,  dass das Umzugsgut von Frau Chandlers Mutter nicht den Hafen verlassen habe. Ansons-ten sei das Umzugsgut gemäß der Verordnung des RSHA vom 16. Januar 1941 durch die  Gestapo  beschlagnahmt  worden.  Dies,  so  das  Gericht  weiter,  erfülle  den  Tatbe-stand der Entziehung laut Rückerstattungsgesetz. Für den Schadenersatz sei die Pack-liste der Geschädigten maßgeblich.